Wie schädlich sind E-Zigaretten – Die WHO und die Diskussion
Über die vermeintliche Schädlichkeit des Konsums von E-Zigaretten wird regelmäßig groß in den Medien berichtet. Dabei stehen die Aussagen verschiedener Wissenschaftler und der von ihnen durchgeführten Studien häufig im Widerspruch zu dem, was von anderer Stelle mit nicht minder wissenschaftlichem Anspruch veröffentlicht wird. Doch was stimmt nun?
Sind E-Zigaretten tatsächlich eine gesündere Alternative zum Rauchen oder sind sie am Ende sogar „noch schädlicher“ als Tabakzigaretten, wie die Weltgesundheitsorganisation (WHO) in vielen ihrer Statements behauptet? Klar ist, dass beide Seiten wissen sollten, dass erst Langzeitbeobachtungen letztliche Gewissheit bringen werden. Klar ist aber auch, dass bereits jetzt mit verlässlichen Wahrscheinlichkeiten gearbeitet werden kann. Und die sehen längst nicht immer so eindeutig aus, wie die WHO in ihren Darstellungen verbreitet. Wie schädlich sind E-Zigaretten also wirklich?
Das Schreckgespenst Formaldehyd – E-Zigarette gesundheitsschädlich?
Bestes Beispiel dafür ist eine regelrechte Falschmeldung, die im November 2014 von der WHO in Umlauf gebracht wurde. Eine Studie, die von der WHO als Beleg für die Schädlichkeit der E-Zigarette insgesamt herangezogen wird (und auch weiterhin munter von vielen Medien zitiert wird), kam zu dem Ergebnis, dass das Dampfen von E-Zigaretten ungesund und sogar schlechter zu bewerten sei als das Rauchen normaler Zigaretten aus Tabak.
Begründet wird diese Darstellung damit, dass bei Untersuchungen des japanischen Wissenschaftlers Naoki Kunugita angeblich eine bis zu zehnfach höhere Menge an Formaldehyd nachgewiesen wurde als in normalen Zigaretten. Bei Formaldehyd handelt es sich um einen der bekanntesten krebserregenden Stoffe, der bevorzugt dann entsteht, wenn bestimmte Verbrennungsprozesse unvollständig ablaufen – wie es typischerweise beim Rauchen einer Zigarette der Fall ist. Bei Tabakzigaretten werden (je nach Zusammensetzung) zwischen 0,02 und 0,1 mg Formaldehyd im Rauch einer einzelnen Zigarette nachgewiesen.
Zehnmal höhere oder sechsmal niedrigere Belastung?
Nach Lesart der WHO hat die Studie durch Dr. Kunugita „bewiesen“, dass bei E-Zigaretten eine bis zu zehnfach höhere Menge an Formaldehyd frei werden könne. Doch diese Behauptung, die seitdem von vielen Medienvertretern ungeachtet der tatsächlichen Fakten unverändert weiter verbreitet wird, ist bestenfalls unvollständig und schlimmstenfalls einfach unwahr. Wahr ist, dass in besagter Testreihe lediglich dreizehn E-Zigaretten auf diese Möglichkeit getestet wurden. Bei dieser Testreihe wurden zudem ausschließlich japanische E-Zigaretten getestet. Im Ergebnis schnitt nur eine dieser dreizehn E-Zigaretten mit einem erhöhten Formaldehyd-Wert ab. Schon diese Erkenntnisse verbieten eine Verallgemeinerung auf die zahllosen, auf dem Markt erhältlichen E-Zigaretten.
Viel schwerwiegender ist jedoch, dass Dr. Kunugita auf Nachfragen von Kollegen bestätigt hat, dass der Wert der Formaldehyd-Konzentration bei der fraglichen E-Zigarette zwar erhöht war, aber in keiner Weise mit dem einer normalen Tabak-Zigarette zu vergleichen gewesen sei. Hinzu kommt, dass selbst dieses Ergebnis nicht besonders schlüssig ist, da der Versuchsaufbau nicht viel mit der Realität zu tun hatte. Um überhaupt messbare Mengen an Formaldehyd zu erzeugen, waren die Verdampfer der E-Zigaretten deutlich stärker erhitzt worden, als dies bei einem normalen Gebrauch der Fall ist. Die Zahlen widersprechen der Darstellung der WHO noch am deutlichsten, denn die Formaldehyd-Konzentration bei E-Zigaretten ist (selbst unter Zugrundelegung der zweifelhaften Versuchsergebnisse) nicht zehnmal höher als bei der normalen Zigarette, sondern sogar bis zu sechsmal niedriger.
Andere Studien widersprechen Ergebnissen der WHO
Natürlich ist diese Studie nicht die einzige, die sich mit der Frage der Schadstoffe im Dampf von E-Zigaretten beschäftigt. Das Fraunhofer-Institut, das für seine renommierten Studien bekannt ist, hat bereits im Juni 2012 die Problematik des Schadstoffausstoßes und insbesondere der Formaldehyd-Konzentration unter die Lupe genommen. In dieser Studie wurde – im Gegensatz zu dem von der WHO veröffentlichen Bericht – keinerlei Formaldehyd im E-Zigaretten-Dampf nachgewiesen. Für aufmerksame Beobachter stellt sich daher die Frage, ob die WHO solche Ergebnisse mit Absicht oder nur aufgrund von Unwissenheit verbreitet. Wäre Letzteres noch irgendwo verzeihlich, scheint es tatsächlich so zu sein, dass die WHO mit der Kampagne gegen E-Zigaretten einen schwierigen Weg beschreitet. So besagen Medienberichte, dass der Studienleiter der zugrundegelegten Sammelstudie bei der WHO arbeitet und somit kaum als unabhängig gelten kann.
Die Gründe dafür bleiben unklar. Manche Beobachter schätzen, dass die WHO zu nicht unerheblichen Teilen aus Mitteln der Pharmaindustrie finanziert wird und somit ein gewisses Interesse daran hat, die E-Zigarette schlechter aussehen zu lassen als die klassische Tabak-Zigarette, die immerhin für einen beträchtlichen Teil der Herz-/Kreislauf-Erkrankungen sowie für viele weitere schwere Krankheiten verantwortlich ist. Dass eine nachgewiesenermaßen gesündere Alternative derart unter Beschuss genommen wird, kann jedenfalls schwerlich ein Zufall sein. Spekulationen ohne Beweise verbieten sich und gehören in das Reich von Verschwörungstheorien, aber wenn die WHO nicht in der Lage ist, einen korrekten Versuchsaufbau zum Nachweis unabhängiger Testergebnisse zu gewährleisten, scheint die Aussagekraft jeder WHO-Untersuchung zweifelhaft. Was an sich nicht weiter schlimm wäre, wenn viele Medien diesen Verlautbarungen nicht blinden Glauben schenken würden.